RG ParthelandAktuelles

Borstel und der Verbrenner

Borstel und der Verbrenner – Foto: Uwe Schroeder
×
Borstel und der Verbrenner – Foto: Uwe Schroeder

Borstel und der Verbrenner

Eine interessante Frage für Ihr nächstes Familien-Quiz: „Was haben der Verbrennungsmotor und der Igel gemeinsam?“ 

Nun, sie sind beide Auslaufmodelle. Beim Verbrennungsmotor scheint das logisch, auch wenn sich noch viele Fragen nach Ladeinfrastruktur, Reichweite, Lebensdauer der Batterie, Wiederverkaufswert und tatsächlicher CO2-Bilanz auftürmen. Forschung und Entwicklung werden diese Fragen recht schnell beantworten. Aber Frau Igel und Sohn Borstel – Auslaufmodelle? Wenn es sich um vom Aussterben bedrohte Tiere in unserer Heimat dreht, dann denkt man sicher an Hasen, Luchse oder Feldhamster. Aber ganz sicher nicht an den Igel. Neueste Nachrichten stufen ihn nun als gefährdete Tierart ein. 

Wie konnte es dazu kommen, was sind seine Probleme? Nun, er ist zu langsam. Und er schmeckt nicht. Wäre er schneller, dann hätte er eine Chance beim Überqueren der Straße. Und würde er schmecken, dann würden wir ihn züchten. Wie zum Beispiel Kühe. Solange der Mensch lebt, wird die Kuh nicht aussterben, auch wenn es den meisten Kühen nach uns wahrscheinlich deutlich besser gehen wird. Zurück zum Igel. Zu langsam und ungenießbar – das passt nicht in die Zeit. Aber das sind natürlich nicht die einzigen Probleme des zuckersüßen Gartenbewohners. Igel sind ja bekanntlich nachtaktiv und auf Insekten angewiesen. Doch die allgegenwärtige „Lichtverschmutzung“, die mit akkubetriebenen Partyleuchten und Bewegungssensoren aller Art nun auch in vielen Gärten Einzug gehalten hat, stört den Igel und auch seine Beute. Außerdem fehlen in vielen Gärten Pflanzen, die Insekten anlocken. Dafür muss der Igel hier immer mehr Pestizide aushalten, die einen „Englischen Rasen“ zaubern sollen. Zudem wird der Lebensraum für den Igel in unseren aufgeräumten Gärten immer knapper. Da werden Laubhaufen weggeblasen oder aufgesaugt und „Schmuddelecken“ nicht geduldet. Schlecht für Nuff-Nuff. Und wenn der Igel das Überqueren der Straße überlebt hat, lauert hinter der Hecke ein weiterer Feind – der Mähroboter. Im Unterschied zum Auto hat der überhaupt keine Bremsen. In Summe einfach zu viel für so ein kleines Igelherz. 

Was ist also zu tun? Wer einen Garten hat, sollte einen Teil des Laubes an einer windgeschützten Ecke auftürmen. Diesen Wohnraum wird Familie Igel sicher dankend annehmen. Sie können auch ein Igelhäuschen kaufen oder sogar selbst bauen. Anleitungen dafür gibt es genügend. Laub rein und warten. Und wer noch mehr tun möchte, kann es mit zusätzlicher Fütterung probieren. Auch wenn sich hier viele Experten wieder einmal uneins sind (wie bei der ganzjährigen Vogelfütterung), so vertilgt unsere Igelfamilie in Massen Soldatenfliegenlaven. Die Igel unserer Nachbarn sehen wir allerdings nicht, denn die sind dem dargereichten Katzenfutter mit hohem Fleischanteil und wenig Getreide regelrecht verfallen. Den Igeln hier in unserer Umgebung sind demnach die Expertenmeinungen eher schnuppe. Die wollen nur eines – überleben. Da hilft auch ein Schälchen klaren Wassers (keine Milch!). 

Und was ist zu tun, wenn Sie einen verletzten oder vor dem Winter noch zu kleinen Igel finden sollten? Unterstützung und Beratung finden Sie immer beim „Igel-Notnetz“ unter der Telefonnummer 0800 7235750. Es wäre doch unglaublich, könnten wir eines Tages unseren Enkeln die Familie Igel nur noch auf Bildern zeigen.



Mitglied werden!
Werde aktiv für Mensch und Natur!